Anthropogene Spurenstoffe werden inzwischen deutschlandweit und ganzjährig in Fließgewässern nachgewiesen. Sie können in fester, flüssiger oder gasförmiger Beschaffenheit die Qualität der Gewässer beeinträchtigen. Rückstände von Arzneimitteln stellen einen wichtigen Teil dieser Verunreinigungen dar.
Anthropogene Spurenstoffe in Wasserressourcen
Der Eintrag von Spurenstoffen in die Umwelt durch menschliche Aktivitäten ist groß und wird sich auch in Zukunft noch verstärken. Um dies zu vermindern ist es notwendig, herauszufinden, welche Stoffe sich wie in der Umwelt verhalten und welche Stoffeigenschaften als potentiell problematisch für die Umwelt und die Gewässer sind.
Als potentiell problematisch können Stoffe gelten, die persistent, mobil und toxisch sind. Persistent bedeutet, dass sie schwer abbaubar sind, mobil zeigt an, dass sie mit der Wasserphase verschleppt werden können. Toxisch benennt die Wirkung auf aquatische Organismen und letztendlich auch auf den Menschen.
Der DVGW hat eine erste Liste von wichtigen Beispielstoffe aus verschiedenen Anwendungsfeldern erstellt, die auch heute schon als Spurenstoffe gefunden werden und die nachweislich die Trinkwasserressourcen gefährden. Bei diesen beispielhaft genannten Stoffen müssen deshalb dringend Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung des Eintrags in die Gewässer ergriffen werden.
Liste von Beispielsubstanzen, die die Trinkwasserressourcen gefährden
Chemikalienbereich | Stoffname | Anwendungsgebiet |
Arzneimittel | Sartane Gabapentin Allopurinol Diclofenac Metamizol | (vor allem Valsartan) Blutdrucksenker Schmerzmittel, Antiepileptikum Gichtmittel Schmerzmittel, Entzündungsmittel häufigstes Schmerzmittel |
Industriechemikalien | Amidosulfonsäure | Entkalker Reifenabrieb, Gummizusatz Korrosionsschutz, Geschirrspülmittelzusatz Synthesebaustein und Abbauprodukt Lösungsmittel industrielles Tensid |
Ubiquitär | Trifluoressigsäure (TFA) Iopamidol Amidotrizoesäure | diverse Anwendungen und Quellen Röntgenkontrastmittel Röntgenkontrastmittel |
Pestizide | Mecoprop (MCPA) Glyphosat | Durchwurzelungsschutz |
Biozide | Diuron | Breitbandherbizid |
Doch dies ist nur die Spitze des Eisberges angesichts der mittlerweile 192-millionsten Chemikalie, die im Jahr 2021 mit einer CAS-Registrierungsnummer (CAS = Chemical Abstracts Service) registriert wurde. Zurzeit wird an unterschiedlichen Stellen daran gearbeitet, schon bei der Zulassung von Chemikalien eine „Umweltverträglichkeit“ abzuprüfen, um frühzeitig das Risiko einzugrenzen, dass problematische Stoffe in die Umwelt gelangen.
Forschungsberichte von vor 2015 sind erhältlich über die Einheit Technologie und Innovationsmanagement.
DVGW Wasser-Information Nr. 87
DVGW Wasser-Information Nr. 88
Bei der Trinkwasseraufbereitung wird unter anderem Oberflächenwasser oder durch Oberflächenwasser beeinflusstes Grundwasser genutzt. Bis auf wenige Ausnahmen ist es durch die mehrstufige Aufbereitungstechnik möglich, Trinkwasser ohne Befunde an Arzneimitteln bereitzustellen. Vor allem durch eine Untergrundpassage in Kombination mit oxidativ oder adsorptiv wirkenden Reinigungsstufen können Arzneimittelrückstände effektiv entfernt werden. Wenn dennoch Spurenstoffe festgestellt werden, liegt dies in vielen Fällen am enormen Fortschritt in der chemischen Spurenanalytik. Denn mittlerweile können wesentlich geringere Konzentrationen gemessen werden, als noch vor wenigen Jahren. Weitere Informationen zum Thema Medikamentenrückstände finden Sie auf diesen Seiten.
Zum Schutz der Trinkwasserressourcen fordert der DVGW eine wirkungsvolle Strategie, um so Arzneimittelrückstände in Gewässern zu vermindern. End-of-Pipe Lösungen, wie die Abwasserreinigung oder die Trinkwasseraufbereitung, sind hier nicht zielführend. Vielmehr sollte auch auf den verantwortungsvollen Umgang mit Medikamenten gesetzt werden.
Arzneimittel gelangen grundsätzlich über punktuelle, relativ präzise definierbare Einträge und andererseits über diffuse Eintragswege die Gewässer:
Die Europäische Kommission wird endlich aktiv und bereitet die Pharmastrategie zum Schutz der Gewässer vor
Arzneimittelrückstände in der Umwelt und in den Gewässern stellen auch die Wasserwirtschaft zunehmend vor Herausforderungen. Um auch zukünftig ein möglichst naturbelassenes Trinkwasser bereitstellen zu können sind dringend zusätzliche Maßnahmen zur Minimierung der Arzneimitteleinträge in die Gewässer erforderlich.
Diese Maßnahmen müssen:
Die Europäische Kommission steht seit dem Jahr 2013 vor der Aufgabe Artikel 8 der Richtlinie über prioritäre Stoffe im Bereich der Wasserpolitik (2013/39/EU) umzusetzen und einen „Strategischen Ansatz gegen die Verschmutzung von Gewässern durch pharmazeutische Stoffe“ (Pharmastrategie) vorzulegen. In diesem Zusammenhang hat die Kommission im April 2017 einen Fahrplan („roadmap“) vorgelegt und im November 2017 eine öffentliche Konsultation gestartet – an beiden Initiativen hat sich der DVGW beteiligt. Als Hintergrunddokument für den umfangreichen Fragebogen dienen 30 Handlungsoptionen, die von einem Beraterkonsortium unter der Leitung von Deloitte zusammen mit Milieu Ltd und Prof. Klaus Kümmerer entwickelt wurden. Dabei wurde jede Option zu Anpassungen des Arzneimittelrechts, Vorgaben für Zulassungs- und Überwachungsverfahren, Forschungs-mitteln und Informationskampagnen für Verbraucher einer SWOT-Analyse unterzogen.
Im Frühjahr 2018 will die Europäische Kommission die Ergebnisse der Konsultation und ihre weiteren Aktivitäten bekannt geben. Der DVGW wird diesen Prozess weiterhin aktiv begleiten, auch über sein Engagement in EurEau.
Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches begrüßt das mit dem Entwurf des Gesetzes verfolgte Ziel der regelmäßigeren, differenzierteren und damit aussagekräftigeren Berichterstattung über Unfälle beim Umgang mit und bei der Beförderung von wassergefährdenden Stoffen sowie der prüfpflichtigen Anlagen zum Umgang mit ebendiesen Stoffen.
Der DVGW unterstützt auch Form und Inhalt der geplanten Gesetzesänderung, insbesondere die Änderung und Erweiterung des in diesem Zusammenhang zentralen § 9, sowie die Ergänzung der in § 9 Absatz 4 enthaltenen Auflistung der gesetzlich vorgesehenen Überwachungsmerkmale.
Das BMU hat am 24.11.2010 den Referentenentwurf zur Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAUwS) vorgelegt. Die geplante Verordnung ist eine Vollregelung des Bundes und wird die bisherigen Anlagenverordnungen der Länder ablösen. Die Verordnung enthält stoff- und anlagenbezogene Regelungen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Darüber hinaus befasst sie sich mit Sachverständigenorganisationen, Güte- und Überwachungsgemeinschaften und Fachbetrieben.
Der DVGW hat am 24.2.2011 eine Stellungnahme zur VAUwS abgegeben. Darin hebt der DVGW folgende Punkte positiv hervor:
Der DVGW sieht jedoch auch einige der vorgesehenen Regelungen sehr kritisch und befürchtet in einigen Fällen eine nicht akzeptable Absenkung des Schutzniveaus bei wassergefährdenden Stoffen. Der DVGW wendet sich insbesondere gegen
Bilaterale Untersuchungen und modellgestützte Prognosen von Huminstoffeinträgen in Oberflächengewässer aufgrund veränderter Ökosystemzustände und deren Relevanz für die Trinkwasserproduktion.
Abschlussbericht zu den BMBF-Vorhaben 02 WT 0171 und 02 WT 0172
erstellt von der TZW-Außenstelle Dresden und der TU Dresden, Institut für Geographie