Vom Förderbrunnen bis zum Hausanschluss – vorausschauende Planung für nachfolgende Generationen
Wachsende Herausforderungen bedürfen einer zielgerichteten Planung
Die Wasserwirtschaft sieht sich zukünftig mit immer komplexeren und in ihrer Anzahl wachsenden Herausforderungen konfrontiert. Faktoren wie Klima, Demografie und Wirtschaft erfordern eine stetige und langfristige Anpassung sowie Erweiterung des Aufgabenspektrums der Versorgungsunternehmen. Auch die stetige Alterung der vorhandenen Trinkwasser-Infrastruktur wird in Zukunft die Wasserversorger finanziell aber auch planerisch stark belasten. Mit der Einführung eines Asset Managements können diese Hürden gemeinsam angegangen werden, damit kurz- wie langfristig die Wasserversorgung der Bevölkerung sichergestellt bleibt. Um dies zu gewährleisten, werden zukünftig auch Potenziale in der Digitalisierung, Roboterisierung, Miniaturisierung und der künstlichen Intelligenz für die Unternehmen nutzbar gemacht. Daraus folgt eine hohe Priorität für die Entwicklung entsprechender unabhängiger Branchenstandards, neuer Technologien und einer entsprechenden Ausgestaltung im Regelwerk.
Um Asset Management verständlich zu erklären, empfiehlt es sich zunächst die beiden Wörter „Asset“ und „Management“ getrennt voneinander zu betrachten. Unter „Asset“ versteht man in der Wasserversorgung alle baulichen und technischen Strukturen der Trinkwasser-Infrastruktur. Also Trinkwassernetze (Rohre, Armaturen etc.), aber auch Trinkwasseranlagen (Förderbrunnen, Pumpanlagen, Druckerhöhungsanlagen, etc.) werden von diesem Begriff eingeschlossen. Das heißt, die gesamte Versorgungskette wird betrachtet. Der Begriff „Management“ hingegen, fokussiert sich auf die kurz-, mittel- und langfristige Aufrechterhaltung und Planung des Betriebs. Dabei geht es darum Ziele zu definieren, Strategien zu entwerfen entwickeln und Assets zu priorisieren.
Gruppierung und Priorisierung
Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Einzelteile der Versorgungskette, die sich in Alter, Material, Bauweise und Zustand und damit auch in den technischen (Rest-)Nutzungsdauern unterscheiden, gruppiert und priorisiert werden. Bei der konsequenten Anwendung der gesetzten Ziele und entworfenen Strategien können dadurch personelle und finanzielle Mittel bedarfsgerecht mit dem größtmöglichen Nutzen eingesetzt werden. Dies optimiert die Dienstleistungsqualität der Unternehmen, verringert das Risiko von Versorgungsunterbrechungen und macht die Unternehmen widerstandsfähiger gegenüber sich verändernden Randbedingungen (wie z.B. Demographie-, Wirtschafts- oder Klimawandel).
Zusammenwirken von Versorgern und Kommunen
Je besser der aktuelle und zukünftige Handlungsbedarf bekannt ist, desto planbarer wird die dafür bereitzustellende Finanzierung. In den Ballungsgebieten spielt nicht nur die Finanzierbarkeit eine Rolle, es fehlt oftmals auch die Akzeptanz für notwendige Erneuerungsmaßnahmen, weil kurzfristige Einschränkungen auf das alltägliche Leben befürchtet werden. Umbau und Erneuerung kosten Geld und führen zu Beeinträchtigungen zum Beispiel durch Baustellen. Für den Erhalt der Wasserversorgungsinfrastruktur müssen Versorger und kommunale Entscheidungsträger gemeinsam die gesellschaftliche Akzeptanz erwirken.
Vorausschauende Finanzplanung
Zum Asset Management gehört neben Technik und Aufgabenorganisation auch eine vorausschauende Finanzplanung. Allein der Wiederbeschaffungswert des Trinkwasserleitungsnetzes ohne Hausanschlussleitungen dürfte vergleichbar mit dem gesamten Anlagenvermögen der Eisenbahn in Deutschland sein (ca. 215 Mrd. €). Für den generationenübergreifenden Erhalt des bundesweiten Leitungsnetzes (Erneuerung + Sanierung) müssten bei einer angenommenen Rate von 1,5% bundesweit etwa 3,2 Mrd. Euro pro Jahr aufgewendet werden (Investition + Aufwand). Diese enorme Organisations- und Finanzierungsleistung müssen Versorgungsunternehmen im Verbund mit den (kommunalen) Anteilseigern in kleinen Gemeinden und Großstädten sowie Ballungsräumen gleichermaßen schultern. Dies erfordert ein nachhaltiges Asset Management für kleine und große Wasserversorger, angepasst auf die örtlichen Verhältnisse, wobei die Grundsätze und Aufgabenstellung für alle gleich sind.
Der Erhalt der Wasserversorgungsinfrastruktur ist eine elementare Voraussetzung für die hohe Versorgungssicherheit und hochwertiges Trinkwasser an jedem Tag und zu jeder Stunde. Zudem werden Eingriffe in den Straßenverkehr für die Reparatur schadhafter Rohre und Wasserverluste vermieden. Die Schonung der Wasserressourcen durch geringe Verluste ist in Zeiten des Klimawandels und der letzten extrem trockenen Sommer für die Trinkwasserversorgung essentiell. Für Deutschland ist die erreichte sehr hohe Versorgungssicherheit eine Selbstverständlichkeit. Es tritt in der öffentlichen Debatte jedoch in den Hintergrund, dass die von allen hoch geschätzte Versorgungssicherheit das Ergebnis permanenter Investitionen der Wasserversorgungsunternehmen in die wasserwirtschaftliche Infrastruktur ist.
Zur nachhaltigen Anpassung und Rehabilitation der Wasserversorgungsinfrastruktur bedarf es eines systematischen Ansatzes, der Trendanalysen zur Identifizierung und Beschreibung relevanter Trends im jeweiligen Versorgungsgebiet, die systematische Zustandsbewertung der technischen Anlagen einschließlich der Risikoabschätzung zur Ausfallwahrscheinlichkeit und deren Bedeutung sowie die Analyse des Instandhaltungsaufwands in Verbindung mit den strategischen Anforderungen und Anpassungsbedarfen umfasst. Die erhaltenen Erkenntnisse finden dann Eingang in die Investitions- und Instandhaltungsplanung.