Wie funktioniert die Gasversorgung?

Auf dem Weg zum Verbraucher durchläuft das Gas verschiedene Druckstufen im Gasnetz. Die Gas-Druckregel- und Messanlagen (GDRM-Anlagen) bilden auf dem gesamten Transportweg die notwendigen Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Druckstufen und passen den Druck an das nachgeschaltete Netz an, d.h. sie reduzieren ihn auf den benötigten Wert. Häufig trennen die GDRM-Anlagen auch die Netze unterschiedlicher Eigentümer und messen die transportierten Gasmengen. Zusätzlich wird dem von Natur aus geruchslosen Erdgas bei der Übergabe an das Gasverteilnetz in den GDRM-Anlagen ein Stoff hinzugefügt, der den charakteristischen, schwefelig anmutenden Gasgeruch erzeugt (Gasodorierung).

Das Gas muss von der Quelle bis zum Verbraucher enorme Distanzen zurücklegen und verliert dabei an Druck/Geschwindigkeit. Um dies auszugleichen, befinden sich im Gastransportnetz in regelmäßigen Abständen Verdichterstationen, die das Gas zusammendrücken bzw. komprimieren. So wird das Volumen des Gases verringert, gleichzeitig der Druck erhöht und die Moleküle strömen wieder schneller durch die Leitung. Im Gasverteilnetz, das das Gas zu den Verbrauchspunkten transportiert, ist eine Verdichtung nicht mehr notwendig.

Rund 70 Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammt aus Norwegen und den Niederlanden. Durch hunderte Kilometer lange Pipelines, die unter der Erde oder am Meeresgrund liegen, gelangt das Erdgas zu mehreren Empfangsanlagen an den deutschen Grenzen. Dort wird es unter hohem Druck in das Gasnetz eingespeist und weiter zu den Verbrauchern transportiert.

Das Erdgasnetz liegt gut verborgen im Erdreich und ist nur anhand von gelben Schilderpfählen zu erkennen, die genaue Auskunft über Verlauf und Art der Leitungen geben. Die Pfähle erfüllen oftmals noch einen weiteren, wichtigen Zweck: Sie dienen dem Kathodischen Korrosionsschutz (KKS). Dieses elektrochemische Schutzverfahren verhindert mittels eines leichten Gleichstroms, dass das stählerne Rohr im Erdreich rostet. Über Messeinrichtungen, die sich im Schilderpfahl befinden, erhalten die Netzbetreiber genaue Auskünfte über den Zustand der Rohre bzw. die Qualität des Schutzes.

Erdgas kann nicht nur per unterirdischer Leitung, sondern auch auf dem Schiffsweg transportiert werden. Hierfür wird es auf -162° Celsius heruntergekühlt und verflüssigt, wodurch sich sein Volumen um das 600-fache verringert. Es wird zu Liquid Natural Gas (LNG). So lassen sich enorme Mengen an Erdgas in Tankern speichern und etwa von den USA oder Katar nach Europa verschiffen. Anschließend wird das LNG zum Weitertransport in Tanklaster umgeladen oder in einem LNG-Terminal wieder in einen gasförmigen Zustand gebracht und direkt in das Erdgasnetz eingespeist. LNG wird zunehmend als alternativer Kraftstoff im Schwerlastverkehr und der Schifffahrt eingesetzt, da die Emissionswerte erheblich geringer als beim Diesel sind.

In über 9.000 Biogasanlagen wird aus nachwachsenden Rohstoffen, Gülle oder Speiseresten Biogas erzeugt, das in der Regel direkt vor Ort zur Stromerzeugung genutzt wird. Um es in das Erdgasnetz einspeisen zu können, wird Biogas in Deutschland in mehr als 200 Anlagen zu Biomethan aufbereitet, das chemisch die gleichen Eigenschaften aufweist wie Erdgas. Als erneuerbare Energiequelle ist das so gewonnene Grüne Gas ein wichtiger Bestandteil des zukünftigen Energiesystems und vielseitig einsetzbar. Besonders die Verwendung als nachhaltiger Kraftstoff im Straßenverkehr bietet ein hohes Klimaschutzpotenzial, da erheblich geringere Emissionen im Vergleich zu Diesel und Benzin entstehen.

Nicht nur im Haushalt oder in der Industrie kommt Erdgas zum Einsatz, sondern auch in vielen Gewerbezweigen ist es als Energieträger unerlässlich für diverse Produktionsprozesse. Etwa 15 Prozent des Erdgases in Deutschland werden von der Gruppe Gewerbe, Handel und Dienstleistungen verbraucht. So kommen Brot und Kuchen in den meisten Bäckereien aus Erdgas-Backöfen, Metzgereien kochen Schinken und Wurst mit Hilfe von Erdgas, Gärtnereien nutzen Erdgas zur Wärmegewinnung im Gewächshaus und in Wäschereien sorgt es für den benötigten Dampf.

Erdgas nimmt in der deutschen Energielandschaft einen hohen Stellenwert ein, da Gaskraftwerke hochflexibel und emissionsarm Strom produzieren. Sie lassen sich wesentlich schneller als etwa Braunkohlekraftwerke einsetzen und können innerhalb kürzester Zeit in Betrieb gehen. Auf Grund der geringen Emissionen, die bei der Verbrennung entstehen, ist Erdgas deutlich klimaschonender als Braun- oder Steinkohle. Da Gaskraftwerke zudem völlig unabhängig von der Tageszeit oder Wetterlage Strom zuverlässig liefern, tragen sie wesentlich zur Versorgungssicherheit in Deutschland bei. Dies kommt insbesondere in sonnen- und windarmen Zeiten zum Tragen, wenn erneuerbare Energien kaum vorhanden sind.

Mit rund 40 Prozent ist die deutsche Industrie der Hauptabnehmer von Erdgas, das als Brenn- und Rohstoff in verschiedenen Produktionsprozessen verwendet wird. Insbesondere bei der Herstellung von Porzellan, Glas, Ziegeln, Stahl, Wasserstoff oder Chemikalien kommt Erdgas zum Einsatz, da es u.a. schwefelarm ist und punktgenau Wärme liefert. So lässt sich in Erdgasöfen die Temperatur absolut präzise regulieren, was etwa bei der Porzellanproduktion entscheidend ist. Ein weiterer Vorteil sind die deutlich niedrigeren Emissionen im Vergleich zu Kohle oder Öl, da Erdgas schadstoffarm verbrennt und den geringsten CO2-Ausstoß von allen fossilen Energieträgern aufweist.

Power-to-Gas-Anlagen wandeln Ökostrom und Wasser durch Elektrolyse in klimaneutralen Wasserstoff um. Dieser lässt sich zu einem gewissen Anteil direkt ins Gasnetz einspeisen oder in sogenanntes synthetisches Erdgas (SNG, engl. Synthetic Natural Gas) umwandeln. So lassen sich Wind- und Sonnenenergie, die stark witterungsabhängig sind und nicht kontinuierlich zur Verfügung stehen, im Gasnetz langfristig speichern und bedarfsgerecht einsetzen. Schwankungen oder Überlastungen im Stromnetz, etwa in windreichen oder sonnenarmen Zeiten, können so effektiv ausgeglichen werden. Die Produktion und Nutzung der erneuerbaren Energien lässt sich durch das Power-to-Gas-Verfahren örtlich sowie zeitlich entkoppeln. Das Gasnetz wird zur Batterie der Energiewende.

An das Gastransportnetz, durch das große Mengen Erdgas über sehr weite Strecken fließen, schließt das Gasverteilnetz an. Dieses dient der Verteilung in den Versorgungsgebieten und bringt das Gas direkt zu den industriellen, gewerblichen oder privaten Endverbrauchern. Die Rohre besitzen im Vergleich zum vorgelagerten Gastransportnetz einen geringeren Durchmesser und bestehen aus Stahl oder Kunststoff. Obwohl das Erdgasnetz gut geschützt im Erdreich liegt und permanent überwacht wird, kommt es immer wieder zu Beschädigungen durch Baggerarbeiten beim Straßen- oder Hausbau. Dies betrifft auch andere Leitungssparten wie z.B. Strom, Wasser sowie Telefon und es entstehen jährlich Schäden im dreistelligen Millionenbereich. Der DVGW hat deshalb gemeinsam mit der Deutschen Telekom und weiteren Partnern die Arbeitsgemeinschaft BALSibau ins Leben gerufen, um durch Anleitungen und Schulungen die Unfälle und Schäden bei Erd- und Tiefbauarbeiten in Leitungsnähe nachhaltig zu reduzieren bzw. zu vermeiden.

Nach der Industrie sind die Haushalte in Deutschland der zweitgrößte Verbraucher von Erdgas. Mit einem Anteil von ca. 48 Prozent ist es der mit weitem Abstand beliebteste und wichtigste Energieträger im Wärmemarkt und sorgt in nahezu jeder zweiten Wohnung in Deutschland für Wärme. Auch beim Kochen erfreuen sich Gasherde großer Beliebtheit, da sie sich schnell, genau und effizient regulieren lassen. Mit der Technischen Regel für Gasinstallationen (TRGI) legt der DVGW Sicherheitsstandards für die Installation der Gasleitungsanlagen und -geräte in Gebäuden fest. So wird gewährleistet, dass Erdgas im Haushalt jederzeit sicher genutzt werden kann.

An rund 900 Tankstellen in ganz Deutschland können Autofahrer Erdgas, sogenanntes Compressed Natural Gas (CNG), tanken, das als alternativer Kraftstoff umweltfreundlicher und günstiger als Diesel oder Benzin ist. Da Erdgasautos deutlich weniger CO2, Stickoxide und Feinstaub ausstoßen, können sie wesentlich zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland beitragen. Noch größer wird die Einsparung von CO2 und Schadstoffemissionen, wenn Biomethan oder synthetisches Erdgas aus der Zapfsäule kommt. Der Einsatz dieser grünen Gase aus Biogas- und Power-to-Gas-Anlagen ermöglicht eine bis zu 100-prozentige, klimaneutrale Mobilität. Erdgasautos sind bereits seit Jahrzehnten erfolgreich auf der Straße unterwegs und wegen ihrer hohen Reichweite sowie kurzen Tankdauer absolut alltagstauglich. Zahlreiche Hersteller haben verschiedene Erdgasautos in ihrem Sortiment – vom Kleinwagen bis zum LKW.

Über das Gastransportnetz (auch Gasfernleitungsnetz) werden große Mengen Erdgas über weite Strecken in die Versorgungsgebiete transportiert. Die aus speziellem Stahl bestehenden Gashochdruckleitungen haben einen Durchmesser von bis zu 1,40 Meter und müssen besonders hohe Anforderungen erfüllen. Spezielle Rohrlegemaschinen, sogenannte Seitenbäume, senken den verschweißten Rohrstrang in einen Graben ab, der anschließend wieder mit Erde verfüllt wird. Von der ersten Planung über den Bau bis zum späteren Betrieb definiert das DVGW-Regelwerk die einzuhaltenden Standards und sorgt so für ein Höchstmaß an technischer Sicherheit.

Das ca. 540.000 km lange Gasnetz in Deutschland unterliegt einer permanenten Kontrolle. Rund um die Uhr überwachen die Netzbetreiber ihre Leitungen und Anlagen und können so jederzeit reagieren, um eine störungsfreie und sichere Versorgung mit Erdgas zu gewährleisten. In regelmäßigen Abständen wird der Zustand der Leitungen durch genau vorgeschriebene Inspektions- und Wartungsmaßnahmen überprüft, bei denen sowohl ober- als auch unterirdisch modernste Technik zum Einsatz kommt. So kontrollieren z. B. Helikopter den Leitungsverlauf und Zustand des Schutzstreifens oder ermitteln mit Spezial-Lasern kleinste Lecks.

Nach den USA, Russland und der Ukraine verfügt Deutschland über das größte Speichervolumen für Erdgas weltweit. In 51 unterirdischen Erdgasspeichern werden enorme Mengen des Energieträgers gelagert und bei Bedarf wieder in das Leitungsnetz eingespeist. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Speichern: Porenspeicher nutzen poröse Gesteinsschichten, in die das Erdgas gepresst wird; für Kavernenspeicher werden riesige künstliche Hohlräume im Untergrund geschaffen. Mit Hilfe der Untertage-Erdgasspeicher lassen sich einerseits saisonale Verbrauchsschwankungen flexibel ausgleichen, andererseits können Lieferausfälle oder -verzögerungen problemlos überbrückt und somit eine sichere Energieversorgung gewährleistet werden.

Das Gasnetz in Deutschland wird von mehr als 730 Netzbetreibern unterhalten, die für den Erdgastransport von der Quelle bis zum Verbraucher zuständig sind. In sogenannten Dispatching-Zentralen steuern und überwachen die Gasnetzbetreiber rund um die Uhr sämtliche Prozesse im Gasnetz, um jederzeit die Netzstabilität und eine zuverlässige Energieversorgung zu gewährleisten. Auf Grund der gesetzlich vorgeschriebenen Trennung von Netz und Vertrieb sind die Netzbetreiber in der Regel jedoch nur für den Transport zuständig. Den Verkauf von Erdgas an die Endkunden übernehmen Gaslieferanten, die das Netz hierfür gegen Gebühr nutzen. Mit dieser Entflechtung (sog. Unbundling) wird für einen fairen Wettbewerb gesorgt und eine Ungleichheit im Energiemarkt verhindert.