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Beide Männer sitzen entspannt in einer Lounge, Linke spricht, Merkel schaut ihn an.

14. Januar 2025

Politische Forderungen des DVGW zum Jahresauftakt

Deutschlands wirtschaftliche Zukunft hängt vom Wasserstoff ab. Die Trinkwasserversorgung ist sicher, braucht dafür aber eine ausreichende Finanzierung.
DVGW-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Gerald Linke und DVGW-Vorstand Dr. Wolf Merkel beim Jahresauftakt-Pressegespräch am 13.1.2025; © DVGW/Peter Lorenz
  • Wasserstoffverteilung sichern: Netze ertüchtigen und Speicherlösungen vorantreiben
  • Wasserstoffangebot erhöhen: Technologische Vielfalt und regulatorische Sicherheit gewährleisten
  • Infrastrukturmaßnahmen für Energie und Wasser als Maßnahmen von überragendem öffentlichen Interesse priorisieren
  • Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung stärken
  • Generationsgerechte Investitionsentscheidungen zum Erhalt und zur Erweiterung der Wasserinfrastruktur bevorzugt behandeln

Eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energie- und Wasserversorgung in Deutschland ist das Schlüsselelement für wirtschaftliches Wachstum, Arbeitsplatzsicherheit und einen hohen Lebensstandard. Hierfür unternimmt die Versorgungswirtschaft enorme Anstrengungen. In Zeiten der Anpassung an den Klimawandel und inmitten der Energiewende sind noch größere Herausforderungen als bislang zu bewältigen. Das kann aber nur gelingen, wenn die Politik die Rahmenbedingungen mit Gesetzen, gezielten Investitionen und passenden Förderprogrammen an die veränderten Anforderungen anpasst. Der DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. hat zum Jahresauftakt gestern in Berlin seine energie- und wasserpolitischen Forderungen vorgestellt.  

„Entscheidend für das Gelingen der Energiewende wird sein, dass die politischen Rahmenbedingungen, gerade mit Blick auf die künftige Bundesregierung, richtig gesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), die nun schnellstmöglich verabschiedet werden muss. Nur wenn Unternehmen ihre Energiebedarfe verbindlich und rechtssicher planen können, besteht die Chance, dass die Wirtschaft in Deutschland wieder wächst”, so Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW. „Für die nächsten Jahre gilt vor allem eins: eine Transformation zu gestalten, die sich an Kriterien wie Bezahlbarkeit, Umsetzbarkeit sowie Versorgungssicherheit und Resilienz orientiert. Allzu lange sind die Grundregeln des sogenannten energiewirtschaftlichen Dreiecks ignoriert worden”, ergänzt der DVGW-Chef. So kann der Kurs zu mehr Klimaschutz durch nachhaltige Energieträger wie Wasserstoff nur durchgehalten werden, wenn er auch ökonomisch vertretbar ist. Dabei darf nicht disruptiv agiert werden. Erdgas kommt insofern eine Schlüsselrolle zu, da sich über diese Brücke die Transition in eine Wasserstoffwirtschaft gestalten lässt. Erdgas und Wasserstoff sind, etwa mit Blick auf die Infrastruktur der Verteilnetze, in weiten Teilen kompatibel. Deutschland braucht nach Auffassung des DVGW alle Energiegase, um die Kohlekraftwerke sukzessive zu ersetzen, ohne dabei die Versorgungssicherheit der Stromwirtschaft zu gefährden.  

Moleküle - also die Versorgung mit stofflichen Energieträgern wie Erdgas u.a. in Abgrenzung zu Elektronen im Strom - decken heute 80 Prozent unseres Energiebedarfs und sind damit das Rückgrat unserer Energieversorgung. So betrug im Jahr 2023 der Primärenergieverbrauch in Deutschland insgesamt knapp 3.000 Terawattstunden (TWh), davon 25 Prozent (738 TWh) Erdgas. Im Zuge der Energiewende werden sich die Anteile von Molekülen und Elektronen in der Energieversorgung annähern. Der größere Teil der Energieversorgung wird aber weiterhin in Form von Molekülen erfolgen. 

Wasserstoff: Angebot erhöhen, Verteilung sichern und Nachfrage nach Neuen Gasen anreizen 

Der Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken ist auch deshalb notwendig, weil er die Basis zur heimischen Produktion von grünem Wasserstoff sicherstellt. Diese H2-Produktionsumfänge gilt es zu forcieren. Da Deutschland aber auch in Zukunft Energieimportland bleiben wird, müssen die Einfuhrmöglichkeiten für Wasserstoff ausgebaut werden. Dies gelingt jedoch nur im internationalen - und vor allem im europäischen - Schulterschluss. 

Bei der Infrastruktur ist das Wasserstoffkernnetz ein wichtiger erster Schritt. Jetzt muss es darum gehen, die Verteilnetzplanung zu realisieren. Denn nur durch diese Infrastrukturmaßnahme können die rund zwei Millionen Industrie- und Gewerbebetriebe, etwa die Hälfte der Gaskraftwerke und knapp 20 Millionen Haushalte künftig mit Wasserstoff versorgt werden. Von zentraler Bedeutung ist es daher, dass Deutschland als Industrieland flächendeckend mit Wasserstoff versorgt werden kann. Die Kosten für die Umstellung des heutigen Erdgasverteilnetzes sind mit etwa vier Milliarden Euro bis 2045 vergleichsweise gering. Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass circa 97 Prozent der bestehenden Leitungen heute schon H2-ready sind. 

Auch die Substitution von Kohlekraftwerken durch Gaskraftwerke betrachtet der DVGW als wesentliche Maßnahme zur Dekarbonisierung. Diese auf Wasserstoff umzustellen ist technisch gut zu realisieren und kann erfolgen, wenn Wasserstoff in den dafür erforderlichen Großmengen verfügbar ist. Um Wasserstoff sektorenübergreifend und in allen Anwendungsbereichen zum Einsatz bringen zu können, warnt der DVGW vor einer künstlichen Verknappung Neuer Gase wie Wasserstoff, seiner Derivate und Biomethan. Diese würde die Schaffung einer Marktfähigkeit gefährden.  

Vorrang für die öffentliche Wasserversorgung  

Auch zur Sicherung der resilienten Versorgung mit Wasser muss die neue Bundesregierung 2025 wichtige Gesetzesvorhaben abschließen. Zu lange schon wartet die Branche auf wirksame Düngegesetze, auf die Gesetze zur Verbesserung der physischen und IT-Sicherheit von Wasserversorgungsanlagen und auf die Umsetzung der Nationalen Wasserstrategie in die Praxis. Darüber hinaus sind aber noch weitere Baustellen offen. Vor allem die Wasserinfrastruktur steht unter Druck. Um sie künftig besser an die Anforderungen des Klimawandels anzupassen, ist eine deutliche Vereinfachung von Genehmigungsverfahren von Wasserinfrastrukturprojekten notwendig, etwa durch die Standardisierung der Planungsverfahren und strikte Begrenzungen der Genehmigungs- und Beteiligungsverfahren.   Gleichzeitig muss die Vergabe von Wasserentnahmerechten beschleunigt werden. Wasserrechte müssen zudem entfristet werden. 

Investitionsseitig stehen die Wasserversorger ebenfalls vor wachsenden Herausforderungen. Allein im Jahr 2022 wurden 3,5 Milliarden Euro in die Wasserwirtschaft investiert. Dr. Wolf Merkel, Vorstand des DVGW, betont: „Die Wasserversorger haben in einer von uns durchgeführten Umfrage zur Klimawandel-Anpassung einen Mehrbedarf an Investitionen von bis zu 30 Prozent prognostiziert. Für eine resiliente, zukunftsfeste Wasserversorgung muss demnach künftig tiefer in die Tasche gegriffen werden. Maßnahmen gegen den Klimawandel und zum Schutz der Kritischen Infrastruktur erfordern zusätzliche Finanzmittel, die die Branche nicht allein aufbringen kann.“  Neben den Förderprogrammen der Länder könnten steuerliche Entlastungen und Fondslösungen, z.B. über die KfW, helfen, die Finanzierung langfristig und nachhaltig abzusichern. Die Bundesländer und die Kommunen müssen bei der Entwicklung einer klimawandelresilienten Wasserversorgungsstruktur vom Bund unterstützt werden. Um den klimawandelbedingten Investitionsbedarf zu quantifizieren und in die politische Diskussion einzubringen, führt der DVGW aktuell eine Studie unter Wasserversorgungsunternehmen durch. Ihre Ergebnisse werden für Mitte 2025 erwartet.

Klare rechtliche Regelungen sowie Finanzierungsmodelle sind auch beim Umgang mit Schadstoffeinträgen in die Trinkwasserressourcen erforderlich. Grundsätzlich sind Schadstoffeinträge in die Trinkwasserressourcen zu vermeiden. Dazu muss der vorsorgende Gewässerschutz künftig konsequent auch in europäischen Zulassungsverfahren für Produkte und Stoffe berücksichtigt werden. Bei unvermeidbaren Schadstoffeinträgen müssen Hersteller die Kosten für die Beseitigung der Schadstoffe tragen und so zumindest finanziell Verantwortung für den Schutz der Umwelt übernehmen. Hierzu ist das Verursacherprinzip konsequent anzuwenden und die Herstellerverantwortung zu etablieren. 

„Diese Maßnahmen führen jedoch nur dann zur dauerhaften Versorgungssicherheit mit Trinkwasser, wenn der Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung gestärkt wird“, resümiert Merkel. Angesichts zunehmender Wasserverteilungskonflikte sei es unerlässlich, diesen Vorrang gegenüber anderen Nutzergruppen oder wirtschaftlichen Interessen Einzelner weiter zu stärken. Zu diesem Zweck müsse das überragende öffentliche Interesse gesondert im Wasserhaushaltsgesetz verankert werden, so der DVGW-Vorstand.

Zum Download
Presseinformation als pdf sowie druckfähiges Foto, Bildunterschrift: DVGW-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Gerald Linke und DVGW-Vorstand Dr. Wolf Merkel beim Jahresauftakt-Pressegespräch; (c) DVGW / Peter Lorenz
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