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Warum Erdgas zum Himmel stinkt – und man seinen Geruch kennen sollte

Gas

19. Oktober 2020

Durch die Odorierung stinkt Erdgas, was der Sicherheit dient.

„Es riecht nach Gas. Schnell raus hier!“ Eben noch hat der TV-Ermittler den Strick gelöst, mit dem die Geisel im düsteren Keller an den Stuhl gefesselt war. Der Zuschauer ahnt: „Jetzt ein Funke …“. Wirklich zu sehen ist übrigens nichts. Die Kamera kann das Gas nicht zeigen. Es ist farblos. Und Geruchsfernsehen gibt es noch nicht. Also muss der Kommissar den Satz rufen, damit auch der Zuschauer die Spannung spüren kann.

Nicht das Gas riecht, sondern der beigemischte Stoff.

Aber wonach riecht Erdgas? Die Antwort ist im Grunde einfach: Es riecht nach nichts. Wenigstens, solange es im Naturzustand bleibt. Aber wie kommt der Kommissar dann darauf? Ist er der Schnüffler mit dem richtigen Riecher? Des Rätsels Lösung ist wenig prosaisch: Gasversorger mischen ihrem Erdgas einen starken Geruchsstoff bei, der salopp gesagt „zum Himmel stinkt“. Und das machen sie aus gutem Grund: Wenn es nämlich in der Wohnung oder im Keller nach Gas riecht, kann dies auf ein Gasleck hindeuten und es besteht akute Explosionsgefahr! Hierfür reichen dann schon eine glimmende Zigarette, das Betätigen eines elektrischen Schalters oder ein Funke. Und funken kann es auch in einem Elektrogerät. Würde das von Natur aus geruchslose Erdgas verwendet, könnten die Bewohner austretendes Gas nur mit Hilfe von Messgeräten feststellen. Dank des beigemischten „Odoriermittels“ aber riechen selbst kleinste Erdgasmengen intensiv. Bereits bei weniger als 0,5 Prozent Gasanteil im Raum lässt sich der Warngeruch wahrnehmen. Das ist also das, was der Kommissar im Film erschnüffelt hat.

Bevor das Erdgas zum Verbraucher gelangt, wird ein spezieller, stark riechender Odorstoff beigefügt
Bevor das Erdgas zum Verbraucher gelangt, wird ein spezieller, stark riechender Odorstoff beigefügt © SPIE SAG
Faule Eier, Knoblauch oder Klebstoff

Gasgerüche können regional verschieden sein. Was dem TV-Kommissar in der Nase gejuckt hat, ist also gar nicht klar. Meist werden dem Erdgas sehr stark faulig stinkende Stoffe auf Schwefelbasis beigemischt. Viele Menschen würden deshalb auf Anhieb sagen: Genauso riecht Erdgas! Der Fachbegriff für diese schweflige „Duftmarke“ heißt Tetrahydrothiophen (THT). Das ist eine leicht flüchtige Flüssigkeit mit einem durchdringenden Geruch, manche werden an faule Eier erinnert, andere auch an Knoblauch. THT ist chemisch stabil und wird schlecht vom Erdboden absorbiert. Aus undichten Gasleitungen im Erdreich kann man austretendes Gas deshalb sogar an der Oberfläche riechen. Am Gasherd oder in der Heizung verbrennt das odorierte Erdgas hingegen geruchlos.

Ebenfalls zur Odorierung eingesetzt werden schwefelhaltige Mercaptane. Diese Geruchskomponente kommen auch in der Natur vor – im Drüsensekret des Stinktiers. Seit einiger Zeit geht der Trend zu umweltfreundlichen schwefelarmen Odorstoffen wie etwa „Spotleak 1005“. Ein neues Mittel auf Acrylatbasis, „Gasodor S-Free“, kommt ganz ohne Schwefel aus. „Es riecht lösungsmittelartig, sehr chemisch, fast wie Klebstoff. Die Warnwirkung ist trotzdem überzeugend“, weiß Kerstin Kröger von der Gas-Forschungsstelle des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) am Karlsruher Institut für Technologie. Sie ist die Expertin für Odorierung und hat die Markteinführung von „Gasodor S-Free“, begleitet.

Gasgeruch einfach erkennen
In vielen Städten kann man sich beim Gasversorger eine Odorkarte abholen, um sich mit dem Geruch seines Erdgases vertraut zu machen. © wvgw

Ihr Rat an die Gaskundinnen und -kunden: „Wenn das Odoriermittel in Ihrer Stadt gewechselt wurde, sollten Sie sich unbedingt mit dem neuen Geruch vertraut machen. Die meisten Versorger halten dafür die Gas-Odorkarten des DVGW bereit.“ Durch sanftes Reiben geben die Proben ihren jeweiligen Duftstoff ab. Odorkarten gibt es in den Geruchsrichtungen THT, Mercaptan, Spotleak 1005 und schwefelfrei. „Alle Odorstoffe sind übrigens gesundheitlich unbedenklich, sie stinken einfach nur“, so Kerstin Kröger.

Was tun, wenn’s nach Gas riecht?

Erdgas riecht dank des beigemischten Duftstoffs so intensiv, dass selbst kleinste Gasmengen, weit unterhalb gefahrdrohender Mengen, wahrgenommen werden. Schlägt Ihre Nase also Alarm, ist das noch kein Grund zur Panik. Bleiben Sie ruhig und beachten Sie die folgenden Punkte:

  • Riecht es nach Gas, ist offenes Feuer tabu. Also Zigaretten aus, kein Feuerzeug, kein Streichholz anzünden. Auch an elektrischen Geräten können Funken entstehen. Deshalb: Licht- und Geräteschalter nicht mehr betätigen, keine Stecker aus der Steckdose ziehen. Und kein Telefon oder Handy benutzen.
  • Frischluft senkt die Gaskonzentration im Raum. Wenn möglich, Türen und Fenster weit öffnen, für Durchzug sorgen. Auf keinen Fall aber die Dunstabzugshaube oder einen Ventilator betätigen – Funkenbildung.
  • Gashahn zu! Schließen Sie die Absperreinrichtungen der Gasleitungen, der sich meist neben dem Gaszähler befindet.
  • Warnen Sie Ihre Mitbewohner (Wichtig: klopfen, nicht klingeln!) und verlassen Sie so schnell wie möglich das Haus.
  • Draußen sofort Ihren Gasversorger anrufen. Der Bereitschaftsdienst ist rund um die Uhr erreichbar. Auch wenn es am Ende falscher Alarm sein sollte, kostet Sie dieser Service nichts.
  • Haben Sie die Nummer Ihres Gasversorgers nicht vorliegen, benachrichtigen Sie die Feuerwehr unter 112, diese leitet Ihre Meldung weiter.

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