Gas
01. Dezember 2020
Erinnern Sie sich noch an folgenden Satz: „Raider heißt jetzt Twix – sonst ändert sich nix!“? Anfang der 1990er-Jahre war die Werbekampagne für den bekannten Schokoriegel schwer populär. Botschaft des Ganzen: Verlässlichkeit und Kontinuität, den Kunden wurde versichert, dass das Wesentliche unverändert bleibt. Womit wir auch schon beim Thema sind – auch bei der Marktraumumstellung von L-Gas auf H-Gas ändert sich nichts Wesentliches: Sie als Kunden werden verlässlich und sicher mit Gas versorgt. Es entstehen für Sie keine Kosten. Ihr Gasnetzbetreiber kümmert sich um alles.
Aber warum das Ganze? Der Grund ist einleuchtend: Zahlreiche Regionen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Nordhessen werden mit Erdgas aus Norddeutschland und den Niederlanden versorgt. Dieses Erdgas wird L-Gas genannt. L steht für „low“ (engl.: niedrig), weil es einen niedrigeren Brennwert hat als sogenanntes H-Gas. H steht für „high“ (engl.: hoch). Das bedeutet: In L-Gas steckt pro Kubikmeter weniger Energie (oder Heizwert) als in H-Gas. Nun ist die Erdgasförderung in Deutschland und den Niederlanden aus geologischen (und wirtschaftlichen) Gründen aber rückläufig. Die oben genannten Regionen werden daher nach und nach mit H-Gas aus Norwegen, Russland und Großbritannien versorgt. H-Gas wird schon seit Jahrzehnten in weiten Teilen Deutschlands und Europas sicher zur Gasversorgung eingesetzt. Der Wechsel von L-Gas auf H-Gas wird in der Gaswirtschaft als Marktraumumstellung bezeichnet.
Nun fragen Sie sich vielleicht: „Okay, was heißt das jetzt konkret für meinen Gasanschluss?“ Hier ist die Antwort: In Gebieten, die zukünftig von L-Gas auf H-Gas angepasst werden, müssen alle erdgasbetriebenen Geräte überprüft und wegen des bereits erwähnten höheren Brennwertes von H-Gas in den meisten Fällen technisch angepasst werden. Das betrifft hauptsächlich Heizungen, Küchenherde, Gaskamine und auch gabetriebene Durchlauferhitzer. Diese Anpassung ist dabei in der Regel technisch überhaupt nicht schwierig und erfolgt gemäß gesetzlicher Vorgaben durch einen vom Netzbetreiber beauftragten fachkundigen Techniker. Die Sicherheit der Gasversorgung wird dadurch in keiner Weise beeinträchtigt. Brandeilig ist die Anpassung auch noch nicht: Der gesamte Prozess muss erst bis zum Jahr 2030 abgeschlossen sein.
Der DVGW als technisch-wissenschaftlicher Verein begleitet die Marktraumumstellung und die entsprechende Gasgeräteanpassung. Er vermittelt den betroffenen Unternehmen z. B. die nötigen technischen Informationen. Dafür pflegt er in Zusammenarbeit mit den Gasgeräteherstellern u.a. die DVGW-Anpassungsdatenbank, in der für jedes einzelne in Deutschland auf den Markt gebrachte Gasgerät die notwendigen Kenndaten für die Anpassung, sofern erhältlich, zusammengeführt sind – und das sind mit rund 25.000 unterschiedlichen Geräten eine Menge.
Was müssen Sie nun für die Geräteanpassung tun? Nix – um es mit Raider und Twix zu sagen. Lehnen Sie sich zurück und essen Sie einen Schokoriegel. Im ersten Schritt erhalten Sie ein Informationsschreiben Ihres Gasnetzbetreibers. Im Nachgang vereinbart der Techniker einen Termin mit Ihnen, um Ihre Gasgeräte zu begutachten und die notwendigen Bauteile für den Austausch bestellen zu können. Ist dies erledigt, tauscht der Fachmann im Rahmen eines zweiten Termins bei Ihnen vor Ort beispielsweise die Brennerdüsen Ihrer Geräte aus oder stellt sie neu ein. Nach dieser Anpassung beginnt die Gasumstellung. Das heißt: Nun fließt H-Gas durch die Leitungen Ihrer Gasgeräte. Damit dies auch völlig reibungslos geschieht, überprüft ein unabhängiger Techniker des Netzbetreibers die Anpassungen in jedem zehnten Haushalt nochmals stichprobenartig – es kann also sein, dass er Sie ein drittes Mal besucht. Wichtig zu wissen: Egal wie oft der Techniker zu Ihnen kommt, alle notwendigen Arbeiten zur Anpassung Ihrer Geräte sind für Sie kostenfrei.
Was passiert, wenn Ihre Geräte altersbedingt nicht angepasst werden können? Zunächst einmal ist dieser Fall recht unwahrscheinlich. „Unsere bisherigen Erfahrungswerte zeigen, dass dies nur bei etwa ein bis zwei Prozent der Geräte der Fall ist, der Umstand somit eine absolute Ausnahme darstellt“, sagt Natalie Schmidt von der Rheinischen NETZgesellschaft, die für die Umstellung im Gebiet in und um Köln sowie im südlichen Bergischen Land zuständig ist. Dies bestätigt auch Kai Janßen, Gruppenleiter für das Projekt Marktraumumstellung bei EWE Netz GmbH im niedersächsischen Oldenburg: „Bislang schaffen wir es, insgesamt knapp über 98 Prozent aller Gasgeräte an Erdgas H anzupassen. Das erreichen wir auch dank unserer regionalen Heizungs-Fachbetriebe. Falls wir als Netzbetreiber ein Kundengerät nicht anpassen können, weil es kein Material mehr gibt, dann bieten wir Kunden an, sich bei Fachbetrieben ihres Vertrauens zu erkundigen, ob diese noch Umrüstmaterial in ihren Lagerbeständen haben.“
Sollte Ihr Gerät jedoch zur seltenen Ausnahme gehören und nicht mehr anpassbar sein, dann benötigen Sie ein neues. Sprechen Sie in diesem Fall mit einem Installateur, er kann Ihnen geeignete Geräte empfehlen. Für solche Geräte haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen außerdem einen Anspruch auf eine Kostenerstattung. Mehr Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite des Bundeswirtschaftsministeriums.
Wichtig noch zum Schluss: Im ersten Informationsschreiben, das Sie von Ihrem Gasnetzbetreiber bekommen, finden Sie eine persönliche Identifikationsnummer. Lassen Sie den Techniker nur in Ihr Haus, wenn er sich mit seinem Ausweis und dieser Nummer zum Abgleich ausweisen kann.
Weiterführende Informationen und Erläuterungen rund um die Marktraumumstellung finden Sie hier auf den Seiten der